Samstag, 18. März 2006

Statement des Regisseurs

Als ich zum ersten Mal während meines Studiums-Auslandssemesters 2004 einen Fuß auf die Britischen Inseln setzte, kam mir sofort etwas seltsam vor. Wie man so sagt: Aus der Perspektive eines Fremden sieht man ein Land ganz anders, als es dessen Einwohner tun. Wenn Menschen für eine gewisse Zeit an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Land wohnen, werden sie durch die Routine, die sie entwickeln, betriebsblind in Bezug auf viele Dinge, die sie ständig umgeben – alles wird alltäglich für sie. Das ist offensichtlich der Fall bei den allgegenwärtigen Videoüberwachungskameras auf den britischen Inseln. Die Briten selbst scheinen sich darüber keine kritischen Gedanken zu machen, sie scheinen sie nicht einmal zu sehen. Wir allerdings – ein Team aus Filmstudenten aus Österreich und Spanien – bemerkten die seltsame Tatsache sofort, und wir fragten uns: Warum so viele? Diese Kameras müssen irrsinnig effektiv in dem sein, was sie tun, ganz einfach weil es so viele von ihnen gibt. Oder gibt es andere Gründe für deren unglaubliche Verbreitung? Warum verwendet nicht auch jedes andere Land, wenn ihre Effektivität tatsächlich so groß ist, wie es ihre Allgegenwart vermuten lässt?

In weiterer Folge und um unsere Interessen zu befriedigen, entschieden wir, einen Kurzdokumentarfilm zu dem Thema zu produzieren. Während der Recherche- und Drehphasen wurde uns aber schon bald klar, dass das Thema weit mehr hergeben würde, als wir in der kurzen Zeit, die wir für die Produktion zur Verfügung hatten, abdecken konnten. Nichtsdestotrotz gelang es uns, eine Reihe von sehr interessanten Interview mit Top-Leuten ihrer jeweiligen Fachgebiete zu führen – zum Beispiel dem Überwachungsforscher Clive Norris, oder dem Manager eines öffentlichen Videoüberwachungs-Schemas einer britischen Stadt. Es war uns unter anderem dadurch möglich, einen ansehnlichen Kurz-Dokumentarfilm fertig zu stellen, aber ich hatte stets das Gefühl, dass dies einfach nicht genug war. Es gab so viel mehr, was das Thema hergeben könnte, und was es wert war, im Film behandelt zu werden.

Während des folgenden Jahres gab es einige Ereignisse, die mich immer wieder an die Wichtigkeit dieses Dokumentarfilm-Projektes erinnerten: Anfang 2005 begann die österreichische Regierung erstmals mit der Installation von öffentlichen Videoüberwachungskameras an speziellen „gefährlichen Orten“ im ganzen Land. Einige Monate später erschütterten die Bombenterroranschläge auf Londoner U-Bahnen und einen Bus die ganze Welt. Trotz der Tatsache, dass die tödlichen Anschläge auf die vollkommen videoüberwachte Londoner U-Bahn mithilfe der rund um die Uhr beobachteten Kameras nicht verhindert werden konnten, wurde beispielsweise eine weitere massive Ausweitung der dortigen Überwachung beschlossen.

In diesem Moment entschloss ich mich, dieses Projekt in jedem Fall so bald als möglich wieder aufzugreifen. Dieser Moment war gekommen, als ich mich für ein Diplomprojekt entscheiden musste. Nach Monaten neuerlicher Recherche flog ich mit einem neuen Team nach Großbritannien zurück. Wir führten eine Reihe neuer Interviews und drehten jede Menge neues Hintergrundmaterial zum Thema.

Dieses Projekt wäre ohne die Unterstützung und Professionalität von vielen Leuten gar nicht möglich gewesen. All jene sind am Ende des Abspanns aufgelistet. Dennoch will ich an dieser Stelle insbesondere noch einmal meiner Kamerafrau Sigrid Nagele danken, weil sie zur Verfügung stand, als niemand anderes Zeit für das Projekt zu haben schien. Weiters danke ich auch unserer Betreuerin in England, Jenny Morgan – sie hat immer viel mehr getan, als sie musste, und war schlussendlich auch der für mich ausschlaggebende Zündfunke, das Projekt wieder aufzugreifen und abzuschließen. Vielen Dank an alle!


Nino Leitner

Keine Kommentare: